Das Prostatakarzinom ist die häufigste Krebsart bei Männern und die dritthäufigste Krebstodesursache. Das IQWiG-Gutachten zu diesem Thema ist aus Sicht des Berufsverbandes der Deutschen Urologen e.V. (BvDU) in seinem Tenor leider wenig geeignet, die aktuelle Diskussion zum PSA konstruktiv voranzubringen und einen positiven Beitrag zur Patientenaufklärung zu leisten. Zwar stimmt der BvDU der Einschätzung des IQWiG grundsätzlich zu, dass ein unspezifisches flächendeckendes PSA-Screening unter Umständen mehr Nach- als Vorteile in der Früherkennung birgt. Allerdings greift die Einlassung des IQWiG zur PSA-Bestimmung in ihrer Gesamtaussage zu kurz. Die unscharfe begriffliche Trennung zwischen „PSA-Screening“ und „PSA-Bestimmung“ liefert auch in der öffentlichen Debatte Grund für Verwirrung.
PSA-Test ab dem 45. Lebensjahr in jährlicher urologischer Vorsorge medizinisch sinnvoll
Der urologische Facharzt verlässt sich bei der Diagnose von Prostatakrebs niemals allein auf eine PSA-Messung. Selbstverständlich werden weitere diagnostische Maßnahmen wie eine Tastuntersuchung, eine bildgebende Diagnostik, eine Prostata-Biopsie sowie das persönliche Risikoprofil des betroffenen Patienten herangezogen. Insbesondere die umfangreiche Diagnostik, die Aufklärung und Information des Patienten durch die Urologen wird in der IQWiG-Stellungnahme nicht nur nicht berücksichtigt, sondern sogar negiert.
Der BvDU setzt sich für die optimale Versorgung der urologischen Patienten ein und hält daher für männliche Patienten ab dem 45. Lebensjahr im Rahmen einer jährlichen urologischen Vorsorge den PSA-Test für medizinisch sinnvoll. Bereits im April 2019 hat der BvDU hierzu in einer Stellungnahme zum PSA gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die notwendige Einbindung der Urologen in die Patientenaufklärung hinsichtlich der PSA-Bestimmung und die Notwendigkeit der begleitenden Untersuchung ausdrücklich betont. Glücklicherweise entscheiden sich immer mehr Männer auf dieser Grundlage bewusst, ein sogenanntes „PSA-Screening“ durchzuführen.
PSA nur ein Baustein in der Diagnostik
Das Prostatakarzinom ist nur in frühen, lokalbegrenzten Stadien potentiell kurativ zu behandeln. Diese Stadien sind durch die alleinige Tastuntersuchung in der Regel nicht zu erkennen. Eine Veränderung des Serumspiegels des PSA kann hier einen ersten Hinweis auf das Vorliegen eines Prostatakarzinoms geben, weshalb das Angebot der Bestimmung des PSA-Wertes grundlegend sinnvoll ist. Im Rahmen der Früherkennung wird der Komplexität der Interpretation des PSA-Wertes (z.B. Familienanamnese und Begleitdiagnosen wie gutartige Prostatavergrößerung und/oder wiederkehrende Harnwegsinfekte) durch die gemeinsame Beurteilung mit der rektalen Tastuntersuchung und der ergänzenden digitalen Bildgebung vor der Entscheidung zu einer invasiven Diagnostik (mit dem Ziel einer histo-pathologischen Befundabklärung) bereits heute Rechnung getragen.
Krebsvorsorge mittels PSA nur auf ausdrücklichen Patientenwunsch
Aufgrund der komplexen Thematik und den unter Umständen schwerwiegenden Konsequenzen, die sich aus dem Ergebnis eines ermittelten PSA-Werts ergeben können, bedarf es einer ausführlichen und fachkundigen bzw. fachärztlichen Beratung, um den Männern eine bewusste Entscheidung für oder gegen den PSA-Test zu ermöglichen. Nur im Kontext mit entsprechender Aufklärung, einer fachlich hochqualifizierten Beratung sowie einer objektiven Therapieplanung im Falle einer Krebsdiagnose durch den urologischen Facharzt können die betroffenen Patienten von der Untersuchung profitieren.
PSA-Screening muss in GKV-Leistungskatalog angemessen vergütet werden
Derzeit wird der entstehende erhöhte medizinische Beratungs- und Untersuchungsaufwand nicht von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) übernommen und stellt eine Wahlleistung dar, die vom Patienten selbst bezahlt werden muss. Aufgrund von Schätzungen aus den Abrechnungsdaten der Urologen nutzen aktuell maximal 20% der Anspruchsberechtigten die gesetzliche Früherkennungsuntersuchung. Der BvDU setzt sich dafür ein, dass die individuelle PSA-Bestimmung mit einer angemessenen Vergütung der notwendigen intensiven ärztlichen Beratungsleistung in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen wird. Dadurch würde die Krebsfrüherkennung auf eine breitere Versorgungsbasis gestellt und Akzeptanz gewonnen.
Zusammenfassung der BvDU-Stellungnahme:
- Der BvDU begrüßt und unterstützt die Krebsvorsorge mittels PSA auf ausdrücklichen Patientenwunsch nach ausführlicher und intensiver Beratung des Patienten durch den behandelnden urologischen Facharzt.
- Der BvDU teilt ausdrücklich nicht die in der IQWiG-Stellungnahme kolportierte Intention, dass die ambulant tätigen Urologinnen und Urologen ihre Patienten nicht ausreichend über Vor- und Nachteile des PSA aufklären wollen würden.
- Der BvDU lehnt vor dem Hintergrund der überwiegenden Nachteile ein allgemeines unspezifisches flächendeckendes PSA-Screening ab.
- Der BvDU fordert eine Aufnahme des PSA-Screenings in den GKV-Leistungskatalog bei angemessener Vergütung der intensiven ärztlichen Beratungsleistung.