Berufspolitik geht uns alle an
Wir alle kennen Frustration, kommen mit Insellösungen zurecht oder fühlen Machtlosigkeit bei Entscheidungen, die ohne uns getroffen werden.
Haben wir uns nicht alle schon gefragt, “was kann ich dagegen tun?”. Die Lösung erscheint ganz einfach: Engagement zeigen, zusammenschließen, proaktiv die Zukunft gestalten. Genau hier setzt die berufspolitische Standesvertretung an: Beteiligen Sie sich, egal ob in Klinik, Weiterbildung oder Niederlassung, egal, ob angestellt oder selbstständig – gestalten Sie die Zukunft zusammen mit Ihrer Standesvertretung.
Was wir erreichen können
Ich will Ihnen an einem simplen Beispiel zeigen, was ein berufspolitisches Miteinander erreichen kann. Wie allen bekannt und an eigenem Tun erfahren, steigen die Anforderungen in der Hygiene – z.B. bei der Aufbereitung der Cystoskope – immer weiter. Jeder hat für sich eine individuelle Lösung zur Aufbereitung erarbeitet. Ob diese im Falle der Begehung auch Bestand hat, bleibt abzuwarten. Letztlich scheitert es, wie ja meistens, an der Gegenfinanzierung der geforderten Maßnahmen.
“Hygiene duldet keine Kompromisse”, dann muss auch diese Forderung für die Gegenfinanzierung der erforderlichen Maßnahmen gelten. Hier hat die Urologenschaft in 2019 unter der Federführung des BvDU mit der Cystoskopie-Aktion 1.0 klar bewiesen, dass die Urologen erstens kampagnefähig sind und zweitens etwas erreichen können, wenn Sie gemeinsam agieren. Es muss nicht jeder das Rad neu erfinden. Warum nicht gemeinsam an einer Lösung arbeiten, damit Aufbereitung, Validierung, Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung, räumliche, apparative und personelle Ausstattung, sowie Erfassung von Surveillancedaten etc. rechtssicher umgesetzt werden.
Nutzen wir unsere Möglichkeiten
Der Berufsverband der Urologen fährt derzeit mehrere Linien. Neben Protestaktionen gilt es, die sich jetzt bietenden Möglichkeiten zu nutzen:
- Die Umstrukturierung und derzeitigen Verhandlungen im Rahmen des ambulanten Operierens bieten die Möglichkeit, auch die Hygienekosten endlich mit abzubilden. Es besteht erstmalig seit langer Zeit die Möglichkeit zu gestalten. Hierzu brauchen wir Zahlen und Fakten aus den Praxen, aus den Kliniken, welche die Versorgungsrealität auch abbilden. Kostenmodelle für ambulante Operationen müssen die Realität abbilden und dürfen nicht irgendwelchen Hochrechnungen geopfert werden. Der BvDU ist dabei, zusammen mit anderen Fachverbänden Kostenmodelle zu erarbeiten, um eine zukunftssichere, flexible, den zukünftigen Anforderungen angepasste 1:1 Vergütung der Hygienekosten sicherzustellen.
- Parallel hierzu erfolgt die Erarbeitung von Konzepten zur Aufbereitung und Validierung sowie Unterstützung der Kollegen bei Fragen zur Hygiene und Aufbereitung. Der Berufsverband kann nicht die individuellen Gegebenheiten in den Aufbereitungseinheiten abbilden. Eigenarbeit wird weiterhin erforderlich bleiben. Durch qualifizierte Prozessbetreuung können aber wesentliche Problem- und somit auch Angriffspunkte der Begehungsbehörden im Vorfeld abgefangen werden. Eine gute und sichere Hygiene stellt die Basis der hochwertigen urologischen Versorgung der Patienten dar. Diese darf diskutiert, aber nicht in Frage gestellt werden.
- Zusammenschluss mit allen anderen Fachdisziplinen zum Thema Hygiene ist im SpiFa verankert.
- Bei der Diskussion um die Sinnhaftigkeit der von KRINKO oder RKI geforderten Maßnahmen sollten auch die wissenschaftlichen Gesellschaften ihren Beitrag leisten. “Evidenzbasiert” sollte nicht nur in medizinischen Entscheidungen und Maßnahmen stattfinden, auch bei der Aufbereitung und Hygiene ist dies zu fordern.
Eine Neuaufstellung der Urologie wird über kurz oder lang erfolgen, die “Spielwiesen” sind mannigfaltig und müssen von uns nicht nur begleitet, sondern gestaltet werden. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam bestreiten. Änderungen sind auch immer eine Chance. Wir haben jetzt die Chance, proaktiv neue Wege zu begehen und neue Konzepte zu entwickeln. Lassen wir diese Chance nicht ungenutzt verstreichen.
Ihr Dr. Peter Kollenbach
2. BvDU-Vizepräsident