Ärzteverbände warnen vor einem wachsenden Einfluss renditeorientierter Investoren auf die medizinische Versorgung in Deutschland. Die Bundesärztekammer (BÄK) und die Zahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) fordern gesetzliche Initiativen, um die kommerziellen Interessen im Gesundheitswesen transparenter zu gestalten und rein ökonomisch motivierte Investitionen zu begrenzen. Die Experten äußerten sich in schriftlichen Stellungnahmen zu einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages am Mittwoch über Anträge der Linksfraktion und der AfD-Fraktion.
Mehr Transparenz und wohnortnahe Versorgung
Die Linksfraktion spricht sich in ihrem Antrag für mehr Transparenz aus, wenn Kapitalgesellschaften in das Gesundheitssystem investieren. Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag, die wohnortnahe Versorgung mit ärztlichen Leistungen zu stärken. Eine Möglichkeit zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum sei die Stärkung von kommunalen Medizinischen Versorgungszentren (MVZ).
Medizinische Versorgungszentren (MVZ) können nach Angaben der Bundesregierung von zugelassenen Ärzten und Krankenhäusern, von Erbringern nichtärztlicher Dialyseleistungen, gemeinnützigen Trägern und anerkannten Praxisnetzen gegründet werden. Ferner bestehe für Kommunen die Möglichkeit, MVZ zu gründen. In den MVZ können mehrere Ärzte verschiedener oder gleicher Fachrichtungen unter einem Dach arbeiten. Geleitet wird ein MVZ immer von einem Arzt.
Wirtschaftliche Parameter dürfen nicht ärztliches Handeln bestimmen
Die BÄK sprach von einem wachsenden Klärungs- und Strukturierungsbedarf im Hinblick auf die deutlich zunehmenden Aktivitäten von Investoren im Gesundheitswesen. Es sei nicht hinnehmbar, dass immer mehr ökonomische Parameter das ärztliche Handeln bestimmten. Wenn Ärzte von kapitalgetriebenen Fremdinvestoren angehalten würden, nach kommerziellen Vorgaben zu handeln, gerieten sie in einen schwer lösbaren Zielkonflikt.
Auch die KZBV erklärte, die Entwicklung werde mit Sorge gesehen. Durch die 2015 eingeführte Möglichkeit zur Gründung fachgruppengleicher MVZ sei faktisch der gesamte vertragszahnärztliche Versorgungsmarkt dem Zugriff von Finanzinvestoren geöffnet worden.
Der Vorstand des BKK-Dachverbandes, Franz Knieps, wandte sich gegen eine Differenzierung in „gutes“ oder „schlechtes“ Geld im Gesundheitswesen. Es gebe keine Belege für die Behauptung, dass Kapitalinvestoren nur am schnellen Gewinn interessiert seien. Dass MVZ hauptsächlich in Städten betrieben würden, sei verständlich, weil dort auch die meisten Menschen lebten. Statt über Träger zu debattieren, sollte die Versorgungsqualität im Vordergrund stehen. Ein Wettbewerb um Qualität würde den Markt für eine einseitige Renditeorientierung unmöglich machen.
SpiFa mit eigenem Vorschlag zur Offenlegung von Kapitalinteressen in der Gesundheitsversorgung
Der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa) bekräftigt angesichts der Anhörung im Gesundheitsausschuss zur Offenlegung von Kapitelinteressen in der Gesundheitsversorgung die eigene Forderung der Benennung eines „wirtschaftlich Berechtigten“.
Schon in der Stellungnahme zum TSVG hatte der SpiFa den Vorschlag, den jeweils wirtschaftlich Berechtigten an Versorgungsstrukturen kenntlich zu machen, eingebracht. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz aus dem Jahr 2004 ist die vertragsärztliche Berufsausübung flexibilisiert worden. Die Intention lag in der Förderung von Kooperation und Flexibilisierung, wofür stabile Trägerstrukturen notwendig sind. Nicht beabsichtigt war und ist es, einer die Diagnose – und Therapiefreiheit beeinträchtigenden Ökonomisierung und Konzernbildung oder gar der Bildung von Monopolen in der ambulanten Versorgung Vorschub zu leisten.
Einrichtung eines Transparenzregisters
Der SpiFa schlägt daher vor, § 95 SGB V an geeigneter Stelle um Regelungsinhalte zu ergänzen, die eine Nachhaltigkeit von Investitionen in Versorgungsstrukturen im Sinne einer langfristigen Orientierung an Versorgungs- und Gemeinwohlinteressen sichern. So soll die gemeinsame Selbstverwaltung mit der Einrichtung eines Transparenzregisters hinsichtlich der Trägerstrukturen und den jeweils dahinterstehenden wirtschaftlichen Berechtigten an ambulanten und stationären Versorgungsstrukturen beauftragt werden. „Das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient umfasst auch den legitimen Anspruch des Patienten in Erfahrung bringen zu können, wer als wirtschaftlich Berechtigter hinter der aufgesuchten Praxis oder Einrichtung steht. Im Ideal, und darauf richtet der SpiFa seine Tätigkeit aus, ist das der Arzt selbst.“, erklärt RA Lars F. Lindemann, Hauptgeschäftsführer des SpiFa.
Quelle: hib und pi/SpiFa