Pressemitteilung, 14. Juli 2022
Der Berufsverband der Deutschen Urologie e.V. (BvDU) sieht einen grundlegenden und schwerwiegenden Verlust des Vertrauens der Ärzteschaft gegenüber dem Bundesgesundheitsminister.
Das Loch in den Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) soll nach dem Willen des Bundesgesundheitsministers durch die Streichung der Neupatienten-Vergütung, die im Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) erst im Jahr 2019 eingeführt wurde, gestopft werden.
Der Bundesgesundheitsminister fällt damit seinen eigenen Beschlüssen in den Rücken und wirft der Ärzteschaft Manipulation vor
Karl Lauterbach, der selbst das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) 2019 auf den Weg gebracht hatte, ruft es nun im Referentenentwurf zur finanziellen Stabilisierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinStG) zurück. Das Terminservice- und Versorgungsgesetz wurde eingeführt, „damit „Patientinnen und Patienten schneller Arzttermine bekommen und die Leistungen der Krankenkasse und die Versorgung verbessert werden.“ Die Rücknahme der Entbudgetierung wird damit begründet, dass die Definition von neuen Patient:innen unzureichend sei. Der Bundesgesundheitsminister fällt damit seinen eigenen Beschlüssen in den Rücken.
Zusätzlich zur geplanten Streichung wirft er der Ärzteschaft implizit Manipulation vor. „Ein ungeheurer Affront gegen die Ärzteschaft, die die in der Relation zunehmende Anzahl an Patientinnen und Patienten bewältigt und Neupatient:innen zusätzliche Termine anbietet“, so Catrin Steiniger, die Präsidentin des BvDU im ÄrzteTag-Podcast-Interview mit der ÄrzteZeitung. „Eine Manipulation sei schlicht nicht möglich, so Catrin Steiniger.
Weitreichende Folgen für Urologinnen und Urologen und deren Patient:innen durch eine Streichung
Die aktuelle Regelung führte nachweislich zu einer Reduzierung der Wartezeiten für Neupatientinnen und Neupatienten auf einen Facharzttermin. In den Arztpraxen wurden Sprechzeiten ausgeweitet und es wurden Investitionen getätigt und das Personal aufgestockt, um diese erweiterten Sprechstundenzeiten leisten zu können.
„Die Streichung der entbudgetierten Vergütung für Neupatient:innen im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) hätte weitreichende Folgen für Urologinnen und Urologen und deren Patient:innen“, so der BvDU. Für Neupatient:innen wird es wieder zu Wartelisten und erheblichen Wartezeiten kommen, insbesondere auf Facharzttermine, aber auch auf Hausarzttermine. Das Vertrauen in die Verlässlichkeit politischer Entscheidungen wird zerstört und zum Investitionshemmer für Ärztinnen und Ärzte. Sie haben in Hinblick auf das TSVG langfristige Investitionsentscheidungen für ihre Praxen getroffen. Jetzt fehlt dafür das bereits zugesagte Geld. Im Vertrauen auf das TSVG, das Ende 2022 evaluiert werden sollte, wurde neues Personal eingestellt, das nun nicht refinanziert werden kann. Dies führt im Zusammenspiel mit dem bestehenden Fachkräftemangel zu einer Vorruhestandswelle, denn allein 36,1% der Hausärztinnen und Hausärzte sind älter als 60 Jahre. Noch mehr Arztpraxen, besonders auf dem Land und in benachteiligten Stadtvierteln, werden keine jungen Ärztinnen und Ärzte für die Nachfolge finden. Der Rückschritt in die Budgetierung und das Signal politischer Unzuverlässigkeit schafft ein weiteres Niederlassungshemmnis. Die medizinische Versorgung wird deutlich verschlechtert werden.
Mit Blick auf das Gesamtdefizit von über 17 Mrd. Euro können diese negativen Folgen die vergleichsweise marginale Einsparung in der medizinischen Versorgung der Menschen nicht rechtfertigen.
Der Berufsverband fordert den Minister auf, die Pläne in Bezug auf die Neupatienten-Vergütung zu revidieren.
Foto: © Heinrich-Böll-Stiftung. Lizenz: CC BY-SA 2.0