BvDU-Köpfe im Porträt: Dr. Peter Kollenbach

Porträt

„Scharfe Kritik muss geäußert werden, wenn unser Gesundheitssystem nicht den Bach runter gehen soll.“

Seit Ende 2020 ist Dr. Peter Kollenbach, Landesvorsitzender Hessen und Leiter des Sachausschusses Qualitätsmanagement des BvDU, neuer Sprecher des Hauptausschusses. Im Interview spricht er über seine berufspolitischen Ziele und darüber wie er sich für mehr Geschlossenheit innerhalb des Berufsverbands einsetzt.

  1. Herr Dr. Kollenbach, bitte stellen Sie sich kurz vor.

    PK: Mein Name ist Dr. Peter Kollenbach und ich arbeite als Facharzt für Urologie in einer Gemeinschaftspraxis in Kassel mit insgesamt fünf weiteren Kollegen. Wir praktizieren mit Sitz an einem kleinen Krankenhaus mit einer gut funktionierenden Belegarzt-Station.
  1. Seit wann sind Sie BvDU-Mitglied und warum sind Sie damals beigetreten?

    PK: Berufspolitisch aktiv wurde ich erstmals im Jahr 2007 – und zwar als eines der Gründungsmitglieder der Genossenschaft Hessische Urologen eG (HUeG). Diese regionale Interessensvertretung hat das Ziel, niedergelassene Urologen in Hessen zu stärken, damit die Existenz der Praxen und somit die ambulante Betreuung von Patienten gewährleistet wird. Später war ich Aufsichtsratsmitglied, Vorstand und zuletzt Vorstandssprecher der HUeG.  Der Eintritt in den BvDU im Jahr 2013 war für mich dann eine konsequente Fortführung meines berufspolitischen Engagements über die Bundeslandgrenzen hinaus. Von Anfang an hatte ich das Amt des Landesvorsitzenden von Hessen inne. Als engagiertes Mitglied im BvDU-Hauptausschuss wurde ich Ende letzten Jahres dann zusätzlich als dessen Sprecher gewählt.
  1. Was hat Sie dazu bewegt, in der Berufspolitik aktiv zu werden?

    PK: Ich wollte gegen die Ohnmacht gegenüber den Akteuren im Gesundheitssystem kämpfen. In meinen Augen agieren diese teils willkürlich und verfolgen nur eigene Interessen. Außerdem war mein Anliegen, mich für mehr Transparenz im Abrechnungssystem einzusetzen. Denn ohne eine Lobby stehen diejenigen, die einfach nur gute Medizin machen möchten, in diesem System auf verlorenem Posten.
  1. Wie kam es zu dem Entschluss, neben Ihren ganzen anderen Ämtern, zusätzlich noch die Funktion des Hauptausschuss-Sprechers anzunehmen?

    PK: Jeder Landesverband ist der verlängerte Arm des BvDU in die jeweiligen Regionen mit den unterschiedlichen KVen und Landesärztekammern hinein. Über diese Arbeit tauschen sich die Landesvorsitzenden im Rahmen der Hauptausschusssitzungen regelmäßig aus. Aber nicht alles läuft dabei immer so richtig rund. Ich möchte daran mitarbeiten, dass die Abstimmung untereinander künftig besser funktioniert. Die breite Akzeptanz unter den übrigen Hauptausschuss-Mitgliedern hat mich bestärkt, der Richtige für diesen Posten zu sein.
  1. Was reizt Sie an Ihrer Aufgabe besonders und mit welchen Herausforderungen sehen Sie sich konfrontiert?

    PK: Ich möchte Dinge bewegen und nicht einfach wie ein Schaf hinterherlaufen. Verantwortung zu übernehmen ist wichtig. Das gilt für jeden Urologen in seinem eigenen ganz persönlichen Umfeld, aber auch der Blick über den Tellerrand ist wichtig und notwendig.  Die Arbeit im Hauptausschuss hat meinen Horizont deutlich erweitert. Die Verflechtungen bei dem zunehmend intransparenten Gesundheitssystem sind für jemanden, der sich nicht damit beschäftigt, nicht zu durchschauen. Ich gewinne laufend neue Erkenntnisse hinzu, trotzdem bleiben einige Siegel verschlossen. Den richtigen Hebel, den richtigen Ansatzpunkt zu finden, ist manchmal gar nicht so einfach. Das fängt bei den Mitgliedern an, welche motiviert werden müssen aktiv mit zu denken und zu arbeiten. Der richtige Stil im Umgang mit den Krankenkassen, der Politik ist nicht immer leicht zu finden. Ich bin der Meinung, dass scharfe Kritik geäußert werden muss, wenn unser Gesundheitssystem nicht den Bach runter gehen soll.
  1. Was kritisieren Sie an der derzeitigen Gesundheitspolitik?

    PK: Ich sehe die derzeitigen Entwicklungen mit Sorge. Das deutsche Gesundheitssystem erscheint zunehmend kopflos und wird den Partikularinteressen von Politik und Krankenkassen geopfert.  Hier muss klare Kante gezeigt werden, die Leistungserbringer müssen laut auftreten und die Honorierung ihrer Leistung einfordern. Die ärztliche Selbstverwaltung in der derzeitigen Form ist ein Hohn, Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen werden schlecht geführt. Mit dem Ergebnis, dass es immer mehr Mangelverwaltung gibt, die dann in zunehmender Sanktionierung mündet. Vielen niedergelassenen Kollegen bleibt oft nichts anders übrig, als das Handtuch zu schmeißen. Dies hat die Politik noch nicht erkannt. Gesundheitsökonomen sind mittlerweile wichtiger geworden, als die Leistungserbringen. Das muss sich in naher Zukunft ändern.
  1. Was bedeutet das konkret für die Urologie?

    PK: Kompetente ärztliche Versorgung, wie wir Urologen sie seit Jahren erfolgreich praktizieren, gehört adäquat vergütet. Wie schon gesagt liegt das Problem in der Mangelverwaltung, in der sanktioniert wird, wenn nicht die vollständige Leistung auf höchstem Niveau erbracht wird. Zusätzlich werden weitere Leistungen beschnitten. Im Krankenhaussektor sieht die Situation nicht wesentlich besser aus. Ob das derzeitige DRG-System das Richtige ist oder falsche Anreize setzt, ist zu diskutieren. Konkurrenzgedanken der Kliniken untereinander führen zu einem Leistungsdruck. Auch hier sind ökonomische Probleme nicht von der Hand zu weisen.

    Niederlassung und Krankenhaus müssen, nicht zuletzt zum Wohl des Patienten, langfristig denken. Es darf keinen durch die unterschiedlichen Abrechnungssysteme bedingten Verdrängungswettbewerb geben. Wir müssen begreifen das wir nur gemeinsam die Dinge in die richtige Richtung lenken können.
  1. Als Belegarzt tragen Sie ja nicht nur die Brille des ambulanten Bereichs – wie sehen Sie die derzeitige sektorübergreifende Versorgung in der Urologie?

    PK: Durch meine Tätigkeit als Belegarzt agiere ich als Bindeglied zwischen niedergelassener und stationärer Urologie – ich bin ja quasi mittendrin.  Und sitze leider auch oft zwischen den Stühlen, da der Austausch nicht immer gut funktioniert. Niederlassung und Klinik müssen künftig besser und auf gleicher Augenhöhe zusammenarbeiten. Das heißt konkret: klare Behandlungspfade und Strategien zu entwickeln und Patientenströme auf lokaler Ebene optimiert zu steuern. Dadurch können neue Ressourcen gehoben werden. Das funktioniert aber nur, wenn beide Seiten aufeinander zugehen, also Verständnis für die unterschiedlichen Aufgabengebiete und Probleme des jeweils anderen zeigen. Ziel muss sein, die urologischen Patientenversorgung mit vereinten Kräften weiter zu verbessern.
  1. Welche persönliche Bilanz ziehen Sie aus Ihrer bisherigen berufspolitischen Arbeit?

    PK: Insgesamt hat sie meine Tätigkeit als niedergelassener Urologe deutlich positiv beeinflusst. Das teils ausgeprägte zeitliche Engagement hat sich gelohnt. Die letzten Jahre haben mir gezeigt, dass ich durch meine aktive Mitarbeit im Berufsverband etwas bewegen kann – insbesondere, wenn der BvDU geschlossen und konsequent agiert.  Mit der Zystoskopie-Kampagne in 2019 wurde bewiesen, dass die Urologen fähig sind, etwas zu bewegen. In dieser Kampagne war ich neben einigen anderen schon eine treibende Kraft. Der Erfolg gibt uns Recht und bestätigt mich, bei dem Weg zu einer geschlossenen Urologenschaft mit zu arbeiten.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Silja Koenig, Leiterin Öffentlichkeitsarbeit, BvDU.


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