Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts fragten sich Vertragsärzte, ob sich Kassenärzte auch künftig von Poolärzten im Bereitschaftsdienst vertreten lassen können und hofften auf eine Ausnahmeregel von der Sozialversicherungspflicht. Doch diese Hoffnung erhielt nun einen empfindlichen Dämpfer.
Ende Oktober hatte das Bundessozialgericht entschieden, dass freiberuflich tätige Poolärztinnen und Poolärzte im Ärztlichen Bereitschaftsdienst der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Zahlreiche Kassenärztliche Vereinigungen hatten daraufhin die Zusammenarbeit mit ihren Poolärzten aufgekündigt und ihren Bereitschaftsdienst zum Teil eingeschränkt.
In einem Brief an Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) forderte der CSU-Bundestagsabgeordneten Stephan Pilsinger eine Ausnahmeregelung von der Sozialversicherungspflicht für Poolärzte, „wie wir sie gemeinsam in der Großen Koalition schon 2017 für Notärzte im Rettungsdienst geschaffen hatten“, so der Gesundheitspolitiker in seinem Schreiben. Dazu müsste § 23c Absatz 2 Satz 1 SGB IV – wie folgt geändert werden: „Einnahmen aus Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst oder als Ärztin oder Arzt im Notdienst gemäß § 75 Absatz 1b SGB V sind nicht beitragspflichtig, wenn diese Tätigkeiten neben 1. einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder des Notdienstes nach § 75 Absatz 1b SGB V oder 2. einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung ausgeübt werden.“
Auch die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz hatte auf eine „rückwirkend geltende Ausnahmeregelung“ gedrängt, die „die Poolärztinnen und Poolärzte sowie die im vertragsärztlichen System angestellten Ärztinnen und Ärzte nicht in die Sozialversicherungspflicht zwingt“. Für Ärztinnen und Ärzte im Rettungsdienst gelte eine solche Ausnahme bereits.
Die Antwort aus dem Arbeitsministerium dürfte bei KVen und Vertragsärzten für Ernüchterung sorgen, zeigt sie doch, was der Arbeitsminister von einer solchen Ausnahmeregelung für Kassenärzte hält – nicht viel. Auch bei näherer Betrachtung sei nicht ohne weiteres erkennbar, „dass gerade in der Beitragszahlung, die mit einer Sozialversicherungspflicht einhergeht, ein Hindernis für Ärztinnen und Ärzte liegen soll, freiwillig Bereitschaftsdienst zu übernehmen“, schreibt Heils parlamentarische Staatssekretärin Kerstin Griese in ihrer Antwort an Pilsinger.
Ausnahmeregelung sei „grundsätzlich kritisch zu beurteilen“
Eine Ausnahmeregelung für eine bestimmte Personengruppe sei im Hinblick auf die Bedeutung der Sozialversicherungspflicht „grundsätzlich kritisch zu beurteilen“. Eine solche Ausnahme würde den Wunsch nach weiteren Ausnahmen eröffnen und „das solidarische Fundament unseres Sozialsystems schwächen“, argumentiert Heils Ministerium.
Das Arbeitsministerium befinde sich zum Thema Poolärzte im vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst in Gesprächen mit dem Bundesgesundheitsministerium und Ärzteverbänden und Kassenärztlichen Vereinigungen. Sobald die Urteilsbegründung des Bundessozialgerichts vorliege, werde man „Bedeutung und Reichweite des Urteils“ prüfen.
Dies stößt auf wenig Verständnis: Warum sollen Notärzte im Rettungsdienst, die schon 2017 zu Recht von der Sozialversicherungspflicht befreit wurden, in dieser Frage sozialrechtlich nicht mit KV-Ärzten im Notdienst gleichgestellt werden? Beide Arztgruppen üben eine sehr ähnliche, sehr wichtige Arbeit für die Menschen aus. Es gehe hier vor allem um Ärzte, die den KV-Notdienst zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit ausübten, oder um verrentete Ärzte, die mit ihren über ihre Pflichten hinausgehenden Diensten die Notfallversorgung in Deutschland flächendeckend sicherstellten. Wenn wir die jetzt noch mit zusätzlichen Abzügen und einem Berg an Bürokratie belasten, werden die sich endgültig aus dem Notdienst ausklinken. Das wäre fatal für die Versorgung.
Quelle: Ärztenachrichtendienst (änd)