Klarstellung der KBV zur Definition „medikamentöse Tumortherapie“

Medikamente auf Tablett. Behandschuhte Hand schreibt daneben etwas auf Papier

Zum 1. Januar 2020 wurde in der Onkologie-Vereinbarung der Begriff „zytostatische Tumortherapie“ durch „medikamentöse Tumortherapie“ ersetzt und eine entsprechende Definition in § 4 aufgenommen (s. KV-InfoAktuell 297/2019). Aufgrund zahlreicher Rückfragen zur Auslegung der Definition und der Berechnungsfähigkeit der Kostenpauschalen der Onkologie-Vereinbarung hat die KBV eine Klarstellung verfasst. Hier ein Auszug aus dem KBV-Schreiben:

Definition „medikamentöse Tumortherapie“

In § 4 der Onkologie-Vereinbarung wurde zum 1. Januar 2020 folgende Definition aufgenommen:

Die medikamentöse Tumortherapie im Sinne dieser Vereinbarung umfasst neben unspezifisch zytostatisch wirksamen Medikamenten auch neue Medikamente, die z. B. gezielt bestimmte Stoffwechselschritte blockieren, die für das Tumorzellwachstum wichtig sind oder Mechanismen auslösen, die Tumorzellen immunologisch angreifbar machen. Die medikamentöse Tumortherapie im Sinne dieser Vereinbarung umfasst nicht Therapien mit ausschließlich hormonell bzw. antihormonell wirksamen Medikamenten (ATC-Klasse L02-Endokrine Therapie).

Onkologie-Vereinbarung

Hiermit war ausschließlich eine Anpassung des Wortlautes an den Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik intendiert, da neben unspezifisch zytostatisch wirksamen Medikamenten auch neue Medikamente zur Tumortherapie zur Verfügung stehen und eingeschlossen werden sollten.

Keine Auswirkungen auf die Berechnung der Kostenpauschalen 86510 und 86512

Die neue Definition bezieht sich nur auf die Kostenpauschalen, die in der Leistungslegende den Begriff „medikamentöse Tumortherapie“ (bis 31. Dezember 2019 den Begriff „zytostatische Tumortherapie“) enthalten. Das sind folgende Kostenpauschalen:

  • 86514 (Zuschlag für die intrakavitär applizierte medikamentöse Tumortherapie),
  • 86516 (Zuschlag für die intravasal applizierte medikamentöse Tumortherapie),
  • 86520 (Zuschlag für die orale medikamentöse Tumortherapie).

Die „Behandlungspauschalen“ nach den Kostenpauschalen 86510 und 86512 enthalten den Begriff nicht und sind nicht an die Durchführung einer „medikamentösen Tumortherapie“ gebunden. Die Kostenpauschale 86512 erfordert entsprechend der Leistungslegende eine „Behandlung solider Tumore entsprechend § 1 Abs. 2 a-c unter tumorspezifischer Therapie …“. Dies kann auch eine Therapie mit ausschließlich hormonell beziehungsweise antihormonell wirksamen Medikamenten sein, sofern es sich nicht um die Behandlung im Rahmen der Nachsorge handelt. Gemäß § 1 Absatz 1 der Onkologie- Vereinbarung ist die in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung durchgeführte Nachsorge bei behandelten Patienten, die krebskrank waren, nicht Bestandteil der Onkologie-Vereinbarung.

Mit der Aufnahme der Definition war zudem keine inhaltliche Änderung der Kriterien für die Bestimmung der durchschnittlichen Patientenzahl je Arzt (§ 3 Absatz 4), in denen der Begriff „medikamentöse Tumortherapie“ ebenfalls verwendet wird, intendiert.

Kostenpauschale 86520 weiterhin nicht bei Hormon-Therapie berechnungsfähig

Gleichzeitig möchten wir darauf hinweisen, dass die Kostenpauschale 86520 (Zuschlag zu den Kostenpauschalen 86510 und 86512 für die orale medikamentöse Tumortherapie) auch weiterhin nicht bei einer ausschließlich hormonell bzw. antihormonell wirkenden Therapie (ATC-Klasse L02-Endokrine Therapie) berechnungsfähig ist. Diese Regelung besteht schon seit dem 1. Januar 2019 und erfolgte unabhängig von der Aufnahme der Definition der medikamentösen Tumortherapie in der Onkologie-Vereinbarung.

Kostenpauschale 86512 bei einer Primärtherapie mit „active surveillance“ und „watchful waiting“ bis auf weiteres nicht berechnungsfähig

Die KBV hatte sich in vergangenen Verhandlungen dafür eingesetzt, die Onkologie-Vereinbarung dahingehend zu erweitern, dass die ärztliche Behandlung gemäß § 4 bei nicht metastasiertem Prostatakarzinom zur Primärtherapie auch die Überwachungsstrategien „active surveillance“ und „watchful waiting“ im Sinne der aktuell gültigen S3-Leitlinie zur Früherkennung, Diagnose und Therapie der verschiedenen Stadien des Prostatakarzinoms umfasst. Diese Anpassung (d. h. eine explizite Nennung der Therapieform im § 4) war bisher mit den Krankenkassen nicht einigungsfähig. Da uns bekannt ist, dass einzelne Kassenärztliche Vereinigungen die Berechnung der Kostenpauschale 86512 dennoch bei einer Primärtherapie mit „active surveillance“ und „watchful waiting“ gewähren, sahen wir uns im Dezember 2019 veranlasst, in einem Informationsschreiben an die Kassenärztlichen Vereinigungen klarzustellen, dass die Kostenpauschale 86512 bei einer Primärtherapie mit „active surveillance“ und „watchful waiting“ nicht berechnungsfähig ist. In den diesjährigen Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband wird die KBV das Thema erneut ansprechen. (Quelle: KBV)

Die Position des BvDU

Der BvDU begrüßt die Klarstellung der KBV zur Definition der medikamentösen Tumortherapie im Rahmen der Onkologie-Vereinbarung.

Der Berufsverband geht auf der Grundlage dieser Klarstellung davon aus, dass eine inhaltliche Änderung der bestehenden Kriterien für die Bestimmung der durchschnittlichen Patientenzahl je Arzt (§ 3 Abs. 4), in denen der Begriff „medikamentöse Tumortherapie“ ebenfalls verwendet wird, nicht intendiert war.

Damit ist das grundsätzliche Problem aber noch nicht gelöst. Da es sich bei der Anlage 7 zum Bundesmantelvertrag-Ärzte um eine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen zwei Vertragspartnern handelt, steht zu befürchten, dass eine einseitige Klarstellung nur durch die KBV hier nicht die notwendige rechtliche Sicherheit für die uroonkologisch tätigen Fachärzteschaft schafft. Es ist aus Sicht des BvDU zwingend und dringend notwendig, ein juristisch-verbindliches Einvernehmen der KBV mit dem GKV-Spitzenverband zu erzielen. Hier fordert der BvDU zeitnah eine entsprechende Vereinbarung zwischen KBV und GKV-Spitzenverband, um den Wortlaut der Anlage 7 demgemäß anzupassen.

Die pragmatische Lösung wäre in § 3 Abs. 4 „Andere Fachgruppen“ den Begriff „medikamentöse Therapie“ durch den ursprünglichen Terminus „antineoplastische Therapie“ zu ersetzen und den letzten Satz in § 4 gänzlich zu streichen.

In diesem Sinn ist der BvDU aktuell in intensiven Gesprächen mit der KBV und bringt sich für die Interessen der uroonkologisch-tätigen Kolleginnen und Kollegen ein.