Risiko für Ärzte bei Cannabistherapien

Ein Hanfblatt wird in die Höhe gehalten. Im Hintergrund ein blauer Himmel

Gesundheitsexperten halten den Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen bei Therapien mit Medizinalcannabis für sinnvoll. Anlässlich einer Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestages zu dem Thema am Mittwoch machten Mediziner wie auch der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) deutlich, dass ein Verzicht auf diese Regelung für die Ärzte mit zusätzlichen Risiken verbunden wäre.

Sachverständige plädieren für Regeländerungen

Zugleich plädierten einige Sachverständige dafür, rund zwei Jahre nach der Verabschiedung des Cannabisgesetzes die Regelungen für die Ausgabe von Cannabis zu medizinischen Zwecken in einigen Punkten anzupassen. Die Sachverständigen äußerten sich auch in schriftlichen Stellungnahmen.

Gesetzesentwürfe Gegenstand der Anhörung

Gegenstand der Anhörung waren Gesetzentwürfe der Fraktion Die Linke und von Bündnis 90/Die Grünen, in denen gefordert wird, den Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen zu streichen. Ferner verlangt die FDP-Fraktion in einem Antrag, die Möglichkeit zu schaffen, Medizinalcannabis in Deutschland gezielt zum Export anzubauen. Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag eine wissenschaftliche Nutzenbewertung für Medizinalcannabis analog dem Arzneimittelrecht.

Bundesärztekammer gegen Streichung des Genehmigungsvorbehaltes

Die Bundesärztekammer (BÄK) wandte sich gegen eine Streichung des Genehmigungsvorbehaltes. Cannabis in Form von Blüten und Extrakten sei nicht mit anderen Arzneimitteln zu vergleichen. So mangele es den Cannabisarzneien weiterhin an den nötigen wissenschaftlichen Wirkungsnachweisen sowie an dem Nachweis eines über bereits verfügbare Therapien liegenden Nutzens. Es handele sich auch angesichts der gebotenen Wirtschaftlichkeit um eine Ausnahmeverordnung, die eine Einzelfallgenehmigung durch die Krankenkassen rechtfertige.

Kassenärztliche Bundesvereinigung lehnt Aufhebung ebenfalls ab

Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lehnte eine Aufhebung des Genehmigungsvorbehalts ab. Die jetzige Regelung erhöhe die Sicherheit für die Ärzte, da sich diese dann nicht gegenüber den Krankenkassen in Wirtschaftlichkeitsprüfungen rechtfertigen müssten, Cannabispräparate verordnet zu haben. Nachvollziehbar sei die Forderung, dass bei einem Wechsel der Cannabissorte zur optimalen Einstellung der Patienten keine erneute Genehmigung der Kassen erforderlich sei. Eine solche Neuregelung sei in einem kommenden Gesetzentwurf vorgesehen.

Vorabprüfung durch Kassen für mehr Patientenschutz

Der GKV-Spitzenverband erklärte, angesichts der „enttäuschenden Evidenzlage“ diene die nachrangige Versorgung mit Cannabisarzneimitteln dem Schutz der Patienten vor nicht ausreichenden Therapien. Mit der Vorabprüfung durch die Kassen könne auch sichergestellt werden, „dass die Indikationsstellung des Vertragsarztes den gesetzlichen, medizinischen und im weiteren Sinn wirtschaftlichen Anforderungen gerecht“ werde.

Sachverständige befürworten Cannabis-Export

Mehrere Sachverständige befürworteten, in Deutschland produzierten Cannabis auch für den Export vorzusehen. Dies würde die Versorgungssicherheit erhöhen, argumentierte der Mediziner Jan P. Witte. Es sei absehbar, dass die zur Produktion ausgeschriebenen Mengen nicht ausreichten, um den inländischen Bedarf zu decken.

Wie der Sachverständige Werner Sipp in der Anhörung mit aktuellen Zahlen belegte, ist die Produktion von Medizinalcannabis international in den vergangenen Jahren sprunghaft gestiegen. Hauptproduzenten seien das Vereinigte Königreich, Kanada und Israel.

Zahlreiche Patienten ohne Behandlung

Nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM) sind viele der gewünschten Veränderungen nicht in der Praxis angekommen. So erhielten immer noch zahlreiche Patienten keine Behandlung mit Cannabis, etwa, weil sie keinen Arzt fänden, der ihnen solche Medikamente verschreibe oder Lieferengpässe für Cannabisblüten eine konstante Therapie verhinderten. Auch lehnten Krankenkassen immer wieder eine Kostenübernahme ab, weil Erkrankungen nicht als schwerwiegend eingestuft würden. Dabei werde übersehen, dass nahezu alle Erkrankungen, bei denen Cannabismedizin nützlich sein könne, von leicht bis schwerwiegend eingeschätzt würden. Dieser Umstand sollte gesetzlich berücksichtigt werden.

Cannabis als Arzneimittel? rechtlich schwer umsetzbar

Die Forderung, Medizinalcannabis wie andere Arzneimittel zu behandeln, sei im Ansatz richtig, aber rechtlich schwer umsetzbar, erklärte die ACM, denn Cannabis sei keine Heilpflanze wie jede andere.

Quelle: PI – „heute im bundestag“ (hib), 20.03.2019