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Realer Verlust: Leichtes Honorarplus der Praxen fängt Inflationsrate nicht auf

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Mit einem durchschnittlichen Plus von 1,6 Prozent stiegen die Umsätze der niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr leicht. Damit blieben sie erneut deutlich unterhalb der vom Statistischen Bundesamt ermittelten Inflationsrate von 5,9 Prozent. Dies geht aus dem Honorarbericht der Kassenärztlichen Vereinigung (KBV) für das vierte Quartal 2023 hervor, der auch die Zahlen für das gesamte Jahr enthält.

Im hausärztlichen Versorgungsbereich legte der Honorarumsatz je Ärztin und Arzt im Schnitt um 0,5 Prozent zu. Der Umsatz je Behandlungsfall erhöhte sich um 4,3 Prozent auf 72,29 Euro. Der durchschnittliche Honorarumsatz je Ärztin und Arzt im fachärztlichen Bereich stieg im Berichtsjahr um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Umsatz je Behandlungsfall wuchs auf 80,82 Euro (plus 2,6 Prozent). Bei den psychologischen Psychotherapeuten stieg der durchschnittliche Honorarumsatz je Therapeutin und Therapeut im Vergleich zu 2022 um 5,3 Prozent. Auch die ärztlichen Psychotherapeuten verzeichneten einen Zuwachs von 5,7 Prozent.

Verluste nach Wegfall der Neupatiententregelung

Eine der zentralen Ursachen für die schwache Honorarentwicklung war laut KBV der Wegfall der Neupatientenregelung zum Jahresbeginn 2023. Seitdem werden Leistungen für neue Patienten wieder in die reguläre morbiditätsbedingte Gesamtvergütung einbezogen und unterliegen damit der Mengenbegrenzung. Das wirke sich negativ auf die Vergütung vieler Praxen aus, so die KBV.

KBV: Forderung nach Ausgabenmoratorium ist realitätsfern

KBV-Chef Dr. Andreas Gassen sieht die Zahlen als Beleg für die strukturelle Unterfinanzierung der ambulanten Versorgung. „Der ambulante Bereich ist bereits quotiert und chronisch unterfinanziert“, betonte er. Es sei daher „realitätsfern“, wenn die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) angesichts der Zahlen ein Ausgabenmoratorium fordere. Nur 16 Prozent der GKV-Ausgaben flössen in den vertragsärztlichen und psychotherapeutischen Bereich – obwohl hier 97 Prozent der Behandlungsfälle stattfinden, so Gassen.

Gesamtvergütung und Fallzahlen unter Druck

Insgesamt belief sich die vertragsärztliche Gesamtvergütung 2023 auf rund 45,4 Milliarden Euro – ein Plus von 2,6 Prozent. Davon entfielen 17,4 Milliarden Euro auf extrabudgetäre Leistungen, etwa Früherkennungsuntersuchungen und ambulante Operationen. Der Rest wurde über die gedeckelte morbiditätsbedingte Gesamtvergütung finanziert.

Honorarumsatz ist nicht gleich Nettoeinkommen

Der Honorarumsatz wird häufig mit dem Einkommen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verwechselt. Der im Honorarbericht ausgewiesene Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit ist die Zahlung an den Arzt oder Psychotherapeuten für den Betrieb der Praxis und die Versorgung der gesetzlich versicherten Patientinnen und Patienten. Der Umsatz ist nicht mit dem Nettoeinkommen gleichzusetzen.

Das Nettoeinkommen, also das Geld, das der Arzt/Psychotherapeut für seine Arbeit bekommt, beträgt durchschnittlich nur 26,1 Prozent des Honorarumsatzes. Aus den anderen 73,9 Prozent des Honorarumsatzes finanziert er:

  • Praxiskosten, zum Beispiel für Personal, Miete, Energie, Versicherungen und medizinische Geräte (47,0 Prozent)
  • Steuerzahlungen (16,4 Prozent)
  • Berufsständische Altersversorgung (7,4 Prozent)
  • Aufwendungen für Kranken- und Pflegeversicherungen (3,0 Prozent)

Erst nach Abzug aller Kosten erhält man das Nettoeinkommen, das Ärztinnen und Ärzten beziehungsweise Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten persönlich zur Verfügung steht.

BvDU-Position

Der ambulante Bereich ist quotiert und chronisch unterfinanziert. Der BvDU bekräftigt seine Forderung nach einer Entbudgetierung aller fachärztlichen Leistungen. Die hausärztliche Entbudgetierung kann nur der erste Schritt sein. Ein Großteil der Diagnosen im hausärztlichen Bereich werden unter Beteiligung und nach Überweisung zum Facharzt gestellt. Wer den Zugang zur fachärztlichen Versorgung, die bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten und die überwiegend mit fachärztlicher Beteiligung erstellte Diagnostik beschleunigen und Krankenhausaufenthalte vermeiden will, darf bei der Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte nicht stehen bleiben, sondern muss die Budgets in der gesamten vertragsärztlichen Versorgung so schnell wie möglich abschaffen.

Bei Einführung der Budgetierung vor über 30 Jahren wurde im Gegenzug die auskömmliche Finanzierung für Vertragsärztinnen und –ärzte zugesichert. Hintergrund dieser Entscheidung war damals der drohende Wegfall der vertragsärztlichen Vergütung, so sich angesichts des damals herrschenden Ärzteüberschusses alle Ärzte niederlassen sollten. Dies hat sich ins Gegenteil verkehrt.

Die aktuellen politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten sind ein fatales Signal an den ärztlichen Nachwuchs. Ärztinnen und Ärzte brauchen dringend verlässliche Rahmenbedingungen und eine faire Vergütung, damit sich junge Kolleginnen und Kollegen noch für eine Tätigkeit in der Praxis entscheiden. Für Praxen muss es wieder möglich sein, ausschließlich mit dem Honorar für gesetzlich Versicherte ein auskömmliches Honorar zu erwirtschaften. Praxen, die heute schließen, werden morgen nicht mehr wiedereröffnen und fehlen in der Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Quellen: BvDU, Kassenärztliche Vereinigung (KBV), Ärztenachrichtendienst (änd)