Entbudgetierung für Hausärztinnen und Hausärzte
Nur wenige hatten nach dem Ende der Ampelregierung daran geglaubt, dass die Entbudgetierung für Hausärztinnen und Hausärzte noch vor den Neuwahlen kommt. Doch die im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) enthaltene Umsetzung der hausarztfördernden Honorar-Elemente im Gesetzgebungsverfahren wurden im Januar in der noch fehlenden 2. Lesung im Bundestag beschlossen.
Neben der Entbudgetierung sollen auch Chroniker- und Vorhaltepauschalen für Hausärzte kommen. Bei allen Leistungen soll zunächst der Bewertungsausschuss diverse vorbereitende Regelungen treffen (mit einem Inkrafttreten ab dem „ersten Tag des dritten auf die Verkündung folgenden Kalenderquartals“).
Ab dann müssen Krankenkassen die Leistungen der allgemeinen hausärztlichen Versorgung vollständig nach den festgelegten Preisen in der regionalen Gebührenordnung bezahlen. Die morbiditätsbedingte Gesamtvergütung wird hinsichtlich dieser Leistungen nicht mit befreiender Wirkung gezahlt. Die Entbudgetierung gelte auch für Hausbesuche, die in diesem Bereich durchgeführt werden, solange die Kassenärztliche Vereinigung die Leistungen geprüft und anerkannt hat.
Zu Beginn soll die Berechnung auf den abgerechneten hausärztlichen Leistungen aus dem Jahr 2023, inklusive der Zuschläge oder zusätzlichen Zahlungen basieren, die in diesem Zeitraum gezahlt wurden. Wenn der festgelegte Betrag für hausärztliche Leistungen in einem Quartal nicht ausreicht, gleichen die Krankenkassen die Differenz aus.
BvDU fordert Entbudgetierung für alle fachärztlichen Leistungen
Der BvDU bekräftigt seine Forderung nach einer Entbudgetierung aller fachärztlichen Leistungen. Und das so schnell wie möglich. „Die hausärztliche Entbudgetierung kann nur der erste Schritt sein“, so der BvDU-Vorstand. Ein Großteil der Diagnosen im hausärztlichen Bereich werden unter Beteiligung und nach Überweisung zum Facharzt gestellt. Wer den Zugang zur fachärztlichen Versorgung, die bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten und die überwiegend mit fachärztlicher Beteiligung erstellte Diagnostik beschleunigen und Krankenhausaufenthalte vermeiden will, darf bei der Entbudgetierung der Hausärztinnen und Hausärzte nicht stehen bleiben, sondern muss die Budgets in der gesamten vertragsärztlichen Versorgung so schnell wie möglich abschaffen.
„Ärztinnen und Ärzte brauchen dringend verlässliche Rahmenbedingungen und eine faire Vergütung, damit sich junge Kolleginnen und Kollegen noch für eine Tätigkeit in der Praxis entscheiden“, so Dr. Axel Belusa, Präsident des Berufsverbands der Deutschen Urologie. „Für Praxen muss es wieder möglich sein, ausschließlich mit dem Honorar für gesetzlich Versicherte ein auskömmliches Honorar zu erwirtschaften. Praxen, die heute schließen, werden morgen nicht mehr wiedereröffnen und fehlen in der Versorgung der Patientinnen und Patienten.“
Die Regelungen der Entbudgetierung für Hausärzte im Detail:
Versorgungs(Chroniker)- und Vorhaltepauschalen
Die neue Versorgungspauschale soll bei Patientinnen und Patienten abrechenbar sein, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und wegen einer chronischen Erkrankung, die „einer kontinuierlichen Versorgung mit einem bestimmten Arzneimittel bedarf und keinen intensiven Betreuungsbedarf begründet“, in Behandlung sind. Sie soll unabhängig von der Anzahl und Art der Kontakte mit der jeweiligen Arztpraxis innerhalb eines bestimmten Zeitraums nur einmal abzurechnen sein. Der genannte Zeitraum soll vier aufeinanderfolgende Kalenderquartale umfassen und hat mindestens zwei aufeinanderfolgende Kalenderquartale zu umfassen.
Hausärztinnen und Hausärzte müssen ggf. die bisherige Form ihrer Praxisführung völlig umgestalten. Chronisch kranken Patienten muss beigebracht werden, dass sie möglichst nur noch zweimal innerhalb von 4 Quartalen und dann auch nur zum Zweck der Bestellung von Wiederholungsrezepten die Praxis aufsuchen sollen. Dies könnte man in Einklang mit den bisher üblichen Kontrollabständen bei Erkrankungen bringen, für die es ein DMP gibt. Die Frage ist nur, wie man mit Akuterkrankungen bei solchen Patienten umgehen soll.
Die Voraussetzungen für die sogenannte Vorhaltepauschale sollen insbesondere eine bedarfsgerechte Versorgung mit Haus- und Pflegeheimbesuchen, bedarfsgerechte Praxisöffnungszeiten, die vorrangige Erbringung von Leistungen aus dem hausärztlichen Fachgebiet, eine Mindestanzahl an zu versorgenden Versicherten sowie die regelmäßige Nutzung von Anwendungen der Telematikinfrastruktur umfassen.
Hausärzte erhalten die neu geschaffene Versorgungspauschale nur, wenn es sich um chronisch kranke Patienten handelt, bei denen mindestens eine lang andauernde, lebensverändernde Erkrankung vorliegt, die der kontinuierlichen Versorgung mit einem Arzneimittel bedarf. Um auch die Vorhaltepauschale zum Ansatz bringen zu können, muss der Hausarzt die oben definierten Leistungen in seinem Spektrum haben. Das erscheint finanziell gesehen attraktiv, denn insbesondere Hausbesuche und die bisher fast kostenlos erbrachten Geriatrieleistungen werden nun weiterhin zwar pauschal, aber immerhin extrabudgetär vergütet. Gleiches gilt für die Hausbesuche, bei denen die Entbudgetierung aber nur bedingt wirkt, da eine kalkulierte Bewertung – wie bei den anderen EBM-Leistungen – immer noch aussteht, obgleich die KBV-Vertreterversammlung den KBV-Vorstand schon vor Jahren beauftragt hat, hier für Abhilfe zu sorgen.
Die Regelung ist so auszugestalten, dass es bei beiden Pauschalen weder zu Mehrausgaben noch zu Minderausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung kommt.
Tatsächliche Entbudgetierung
Die Entbudgetierung an dieser Stelle wird vermutlich auf eine harte Bewährungsprobe gestellt werden, wenn Hausärzte vermehrt Hausbesuche durchführen und konsequent geriatrische und palliativmedizinische Leistungen abrechnen, weil sie das jetzt müssen, um an die Vorhaltepauschale zu kommen. Einer unbudgetierten Honorarauszahlung stehen dann noch die Prüfgremien „im Weg“. Die so abgerechneten Leistungen müssen nach sachlicher und rechnerischer Prüfung anerkannt sein, damit sie in voller Höhe nach den Preisen der Euro-Gebührenordnung vergütet werden können. Vor einer Auszahlung werden deshalb die mit Kassen- und KV-Vertretern besetzten Prüfgremien aktiv werden und ggf. die bisherige Budgetierung durch Honorarkürzungen ersetzen. Als Instrumente dienen die Wirtschaftlichkeitsprüfungen nach Durchschnittswerten und nach Zeitvorgaben. In den Prüfgremien sitzen – paritätisch verteilt – drei Kassen- und drei Ärztevertreter. Unter den Ärztevertretern ist mindestens ein Facharzt. Die Frage wird deshalb sein, wie sich dieses Gremium künftig verhält.
Quellen: BvDU, Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa), Ärztenachrichtendienst (änd)