Krisengipfel bei Lauterbach: Umstellung der Honorierung für Hausärzte, Almosen für die weitere Fachärzteschaft
Mehr Geld, weniger Stress in den hausärztlichen Praxen. Das kündigt Karl Lauterbach nach dem Krisengipfel am 9. Januar mit Vertretern von KBV, BÄK, SpiFa, BVKJ und Vertretern der Hausärzte an.
Erreicht werden soll dies durch eine Entbudgetierung und Umstellung der Honorierung der Hausärzte. Die Änderung soll einfließen ins Versorgungsstärkungsgesetz 1, das im Januar vorgestellt werden soll. Weiter sollen Hausärzte eine Jahrespauschale pro chronisch krankem Patient erhalten sowie eine Vorhaltepauschale.
Die weitere Fachärzteschaft soll damit abgespeist werden, dass eine Erleichterung für alle Praxen spürbar sein soll, indem Rezepte und Krankschreibungen telefonisch bzw. digital erfolgen können. Zudem soll eine Bagatellgrenze für Arzneimittelregresse in Höhe von ca. 300 € eingeführt werden, damit ein Großteil der derzeitigen Regressfälle (nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit ca. 80 Prozent) bei der Arzneimittelvergabe entfällt, sowie einer Ausschlussfrist von zwei Jahren für Beratungen im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung.
Interessant ist die Aussage Lauterbachs, dass der Kostenfaktor bei der Umstellung der Honorierung nicht entscheidend sei. Die Kosten würden aktuell berechnet, Lauterbach erwartet grundsätzlich jedoch keine Kostenexplosion. Diese könne aus den gestiegenen Einnahmen (aufgrund von Mehreinnahmen durch Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze) erwirtschaftet werden.
Position des Berufsverbands der Deutschen Urologie
Von einer Entbudgetierung fachärztlicher Leistungen spricht der Minister lediglich in der Nachberichterstattung im Rahmen von „Arbeit an Reformen für Fachärzte“. Die, unter anderem durch den BvDU, seit langem geforderte und angemahnte Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) soll laut Lauterbach zwar in 2024 auf die politische Agenda gesetzt werden, dies aber lediglich in einem „Beschäftigungskorridor“, in dem Punkte angesprochen würden, die nicht im Koalitionsvertrag verankert seien.
Wie sehr Lauterbach der Realität in der Praxis entrückt ist, zeigt sich an seiner Aussage in den Tagesthemen, dass Ärztinnen und Ärzte mit der Jahrespauschale individuell pro Patient entscheiden könnten, wie oft dieser „einbestellt“ würde mit dem Zusatz „die leichten Fälle werden nicht mehr die Praxen verstopfen“. In welcher Welt lebt der Bundesgesundheitsminister? Patienten werden zu einem kleinen Teil zu Kontrollterminen in die Praxis gebeten. In der großen Mehrzahl der Fälle kommen sie in ihrem eigenen Ermessen in die Praxis, wenn es Ihnen schlecht geht. Dass dies mitunter das zehnte Mal im Quartal sein kann, scheint Lauterbach auszublenden. Unterstützung erhält er seiner Aussage nach vom Verband der Hausärztinnen und Hausärzte, „die das den Patienten erklären“. Weiterer Treppenwitz: die Aussicht, durch die Digitalisierung mehr Zeit zur Verfügung zu haben in den Praxen, ist im aktuellen Stand nicht haltbar. Beispielsweise ein E-Rezept nimmt aktuell bis zu dreimal so viel Zeit in Anspruch, wie, ein Rezept auf Papier auszustellen. Diese Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.
BvDU fordert Krisengipfel auch für Fachärzte: andernfalls werden die Proteste fachübergreifend und effektiv fortgesetzt werden
Der BvDU begrüßt eine starke Hausärzteschaft und fordert eine starke Fachärzteschaft. Die Ärzteschaft lässt sich nicht durch einen Bundesgesundheitsminister spalten. Fachärztlich tätige Ärztinnen und Ärzte, vertreten durch die jeweiligen Berufsverbände mit der Bündelung der Interessen im Spitzenverband Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa), sind gesprächsbereit und an konstruktiven Lösungen interessiert.
Um die Forderungen für eine starke Fachärzteschaft direkt an den Bundesgesundheitsminister zu adressieren, fordert der BvDU einen Krisengipfel für Fachärzte. Dort soll gebündelt gefordert werden die Entbudgetierung auch für fachärztliche Leistungen, die Abschaffung der quartalsbezogenen Abrechnung, der Abbau der Bürokratie und die Änderung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).
Falls kein Krisengespräch terminiert wird oder im Nachgang keine spürbaren Entlastungen für Fachärzte in die Umsetzung kommen, ruft der Berufsverband der Deutschen Urologie seine Mitglieder zum weiteren Protest auf. Nur im Zusammenspiel zwischen Hausärzten und Fachärzten und zwischen Klinik und Praxis kann es der Ärzteschaft gelingen, eine flächendeckende, wohnortnahe ambulante Versorgung im Kontext einer alternden Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Die Überweisung an eine Fachärztin oder einen Facharzt ergibt nur dann Sinn, wenn noch Praxen existieren, die Patientinnen und Patienten aufnehmen können. Wenn Praxen völlig überlastet sind oder eine um die andere Praxis schließt, ohne Nachfolger zu finden, bleibt die aktuelle Realität, dass Hausärztinnen und Hausärzte diese Patienten in ihren Praxen weiterversorgen müssen.
Mit der Aussage „wir arbeiten an Reformen für Fachärzte“ lassen sich Fachärztinnen und Fachärzte nicht abspeisen. Schneiden wir uns eine demokratische Scheibe ab von der Solidarität und der Kampagnenfähigkeit der Bauernschaft. Lassen wir unsere Traktoren warm laufen für den Fall, dass kein fachärztlicher Krisengipfel initiiert wird, mit greifbaren Ergebnissen für die weitere Fachärzteschaft.