Die Hälfte aller niedergelassenen Mediziner fühlt sich während des bisherigen Pandemie-Verlaufs von der Politik vernachlässigt, so eine Studie der Universität Köln. Die Herausforderungen, die sich für den ambulanten Sektor ergeben, sind bisher wenig erforscht; die meisten Untersuchungen fokussieren die Kliniken und den stationären Bereich. Daher fordern auch die ärztlichen Berufsverbände die Verlängerung des Schutzschirms, nicht nur für Krankenhäuser, sondern auch für Praxen. Die Corona-Hilfen für Vertragsärzte waren Ende 2020 ausgelaufen.
Auf Forderung der KBV und der Berufsverbände wird im Epidemie-Fortgeltungsgesetzentwurf zwar geregelt, dass durch die Pandemie gefährdete vertragsärztliche Leistungserbringer ihren Versorgungsauftrag trotz Rückgangs der Fallzahlen fortführen können. Allerdings bezieht sich dies ausschließlich auf pandemiebedingte Fallzahlrückgänge im Bereich der budgetierten vertragsärztlichen Leistungen, nicht aber für extrabudgetäre Leistungen. Ein großer Teil der Fachärzte, darunter auch Urologen, erbringt jedoch zu rund 50 Prozent extrabudgetäre vertragsärztliche Leistungen, die außerhalb der morbiditäts-bedingten Gesamtvergütung finanziert werden.
Pandemie ist existenzgefährdend für Praxen
Ohne einen schützenden Ausgleich wird die Existenz vieler Praxen gefährdet – das ist nicht hinnehmbar. Der stationäre Bereich muss unbedingt leistungsfähig gehalten werden. Das setzt aber voraus, dass Praxen die notwendige Unterstützung erfahren, um den viel zitierten ambulanten Schutzwall auch weiterhin aufrecht erhalten zu können. Für uns Urologen heißt dies beispielsweise auch ganz konkret, unsere Patienten zu den so wichtigen urologischen Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen aufzufordern und Arzttermine dringend wahrzunehmen. Pandemie-bedingt sind diese um 30 Prozent zurückgegangen – mit fatalen Folgen: fortgeschrittene Tumorerkrankungen, können nicht mehr operiert und bestrahlt werden.
Auch stationärer Sektor kränkelt
Die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage der deutschen Krankenhäuser hat sich infolge der Corona-Pandemie dramatisch zugespitzt. Nicht alle Corona-bedingten Erlösausfälle und Mehrkosten können eins zu eins gedeckt werden. So benötigt auch der stationäre Sektor unterstützende Maßnahmen zur Bewältigung der Lasten der Pandemie. Der bestehende Klinik-Rettungsschirm muss angepasst und wieder an alle Krankenhäuser gezahlt werden.
Neben den finanziellen Auswirkungen der Pandemie auf unser Gesundheitswesen wird auch anhaltend über die Impf-Priorisierung diskutiert. Ob Urologen sowie nicht-ärztliches medizinisches Fachpersonal in urologischen Kliniken und Praxen mit höchster Priorität gegen SARS-CoV-2 geimpft werden sollten, muss derzeit je nach Schwerpunkten des urologischen Behandlungsspektrums individuell überprüft werden. Leider mangelt es von Gesetzgeber-Seite hier an einheitlichen Regelungen. Je nach KV-Gebiet bzw. Bundesland gibt es auch bei diesem Thema einen föderalen Flickenteppich. Wir als Berufsverband plädieren für bundesweit einheitliche Regeln für SARS-CoV-2-Impfungen in urologischen Praxen und Kliniken. Fachärzte sowie ihre Praxisteams dürfen nicht erst ganz zum Schluss geimpft werden, denn sie schützen mit ihrem Einsatz die stationäre Versorgungsstruktur und verhindern, dass noch mehr Menschen in die Kliniken gehen müssen.
Jeder Sektor steht für sich vor immensen Herausforderungen − Corona wirkt wie ein Brennglas, vor allem auf bestehende Defizite. Daher ist es umso wichtiger, die Zusammenarbeit und Vernetzung im Gesundheitswesen kontinuierlich auszubauen und weitere nachhaltige Schritte für eine sektorenübergreifende, am medizinisch-pflegerischen Bedarf der Patienten ausgerichteten Versorgung einzuleiten. Die Menschen müssen sich auch in Zukunft auf eine gute und effiziente Versorgung verlassen können.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Dr. Axel Schroeder
Präsident Berufsverband der Deutschen Urologie e.V.
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