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Ambulantisierung: Problemlose Übernahme bisher stationär versorgter Behandlungsfälle in der Urologie durch Niedergelassene nach Zi möglich

Vor allem aufgrund des sich immer weiter verschärfenden Fachkräftemangels sowie der ausufernden Kosten für Klinikbehandlungen wird politisch immer nachdrücklicher gefordert, bisher stationär erbrachte Leistungen kostendämpfend in die ambulante Versorgung zu verlagern. In Deutschland ist die Bettenkapazität in der stationären Versorgung überdurchschnittlich hoch, auch im Vergleich zu anderen Industrieländern. Auf Fachebene wird immer wieder kontrovers diskutiert, wie hoch das Ambulantisierungspotenzial von stationären Behandlungsfällen tatsächlich ist. Dennoch hat der Gesetzgeber klare Zielvorgaben formuliert.

Vor diesem Hintergrund hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) eine aktuelle Datenauswertung veröffentlicht, die zeigt, dass das wissenschaftlich prognostizierte Ambulantisierungspotenzial von jährlich bis zu drei Millionen stationären Behandlungsfällen rechnerisch ohne weiteres von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten übernommen werden könnte.

Je nach Fachgruppe kämen auf die Vertragsärztinnen und -ärzte eine jeweils unterschiedliche Anzahl an zusätzlichen Fällen aus bisher stationär erbrachten Leistungen zu. Das Ergebnis der Datenanalyse zeigt, dass die höchste Anzahl bei den Internistinnen und Internisten zu erwarten ist. Diese Fachgruppe käme rechnerisch auf 204 zusätzliche ambulantisierbare Behandlungsfälle pro Ärztin/Arzt und Jahr. Das ist weniger als ein zusätzlicher Fall pro Tag.

Die Urologie folgt dicht danach. 2021 gab es in hier insgesamt 734.000 stationäre Fälle. Von diesen sind laut Berechnungen der Technischen Universität Berlin 311.000 (42,4 Prozent) Behandlungsfälle potenziell ambulantisierbar. Bezieht man diese 311.000 Fälle auf alle vertragsärztlich operativ tätigen Urologinnen und Urologen, würden bei voller Übernahme dieser Fälle pro Jahr jeweils rund 106 zusätzliche Fälle entfallen. Damit würden sich die Fallzahlen der operativ tätigen vertragsärztlichen Urologinnen und Urologen um 2,3 Prozent bzw. die Anzahl operativer Fälle dort um 40 Prozent erhöhen.

Selbst wenn alle als ambulantisierbar identifizierten Klinikbehandlungen komplett von den Vertragsärztinnen und -ärzten übernommen würden, wäre dies laut Zi rechnerisch für die vertragsärztliche Versorgung bei derzeit insgesamt fast 600 Millionen ambulanten Behandlungsfällen pro Jahr noch kein Problem. Angesichts der notwendigen Strukturänderungen in der stationären Versorgung, vor allem auch vor dem Hintergrund internationaler Vergleiche, sei ein durchgreifender „Ambulantisierungsturbo“ in Deutschland schon lange überfällig. Auch in Anbetracht der immer weiter explodierenden Beitragskosten für gesetzlich Versicherte sind die oftmals um ein vielfach teureren Klinikbehandlungen, die weitaus günstiger auch ambulant durchgeführt werden können, weder zeitgemäß noch den bereits heute maximal belasteten Beitragszahlenden weiter ernsthaft zu vermitteln.

Klar ist, dass die Vergütung für diese Fälle in der ambulanten Versorgung angemessen und ausreichend differenziert sein muss. Denn nicht nur die Krankenhäuser müssen im Zeitalter der Ambulantisierung ihre Infrastruktur modernisieren. Auch die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte investieren in die Zukunft der medizinischen Versorgung und müssen vor allem entsprechendes Personal vorhalten.

BvDU-Position

Grundsätzlich wird die Ambulantisierung seitens dem Berufsverband der Deutschen Urologie (BvDU) begrüßt. Ziel ist die Kosteneinsparung für die Krankenkassen durch Verlagerung nicht zwingend stationärer Operationen in den ambulanten Sektor, ohne Qualitätsverlust der hochwertigen medizinischen Versorgung. Das Potential hierzu wird durchaus gesehen, die Ausgestaltung wirft jedoch Fragen, Kritikpunkte und Forderungen beider Verbände auf.

Gleiche Voraussetzungen

Grundgedanke bei der Ambulantisierung ist, dass jeder, der in der Lage ist, den Eingriff unter den allgemein gültigen Qualitätskriterien zu erbringen, dies zu gleichen Bedingungen tun darf – egal, ob in den Strukturen einer Praxis, eines ambulanten OP-Zentrums oder eines Krankenhauses.

Attraktive und gleiche Vergütung für Kliniken, wie für Vertragsärzte

Geschaffen werden muss ein zukunftsfähiges System, das die bedarfsgerechte, flächendeckende und wohnortnahe Versorgung sowohl in Krankenhäusern als auch bei den niedergelassenen Ärzten ermöglicht – mit einer für beide Seiten gleichermaßen attraktiven Finanzierung und Planungssicherheit.

Neben einer Basisfinanzierung für Ausstattungs-, Vorhalte- und Fortbildungskosten muss das Operationsspektrum die Besonderheit des Erbringers der operativen Leistungen bezüglich des von ihm therapierten Patientenspektrums abbilden. Um die Zielsetzung, OPs in Zukunft verstärkt ambulant durchzuführen, zu erreichen, müssen vor allem zu Beginn als Anreiz für erforderliche Investitionen und zum Aufbau notwendiger Strukturen im Umfeld von Krankenhäusern und bei Vertragsärzten verstärkt Gelder einfließen.

Die Kosten für Hygiene und Aufbereitung der Medizinprodukte müssen an den Stand der Technik angepasst und entsprechend der Anpassung an gesetzlich vorgeschriebene Anforderungen übernommen werden. Sachkosten müssen 1:1 übernommen werden und Vorhalte- und Strukturkosten müssen adäquat erstattet werden.

Gleiche Zugangsmöglichkeiten

Eine Aufhebung des Erlaubnisvorbehaltes (gleiche Rechte) ist für die Belegsituation notwendig, um die Qualitätsanforderungen der Leitlinien (gleiche Pflichten) auch erfüllbar zu machen.


Quelle: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi)