Mit dem Slogan #ÄrmelHoch und einer großen Kampagne mobilisiert die Regierung derzeit für die Corona-Impfung. Wir alle wünschen uns eine baldige Rückkehr zur Normalität. Das setzt voraus, dass sich so viel wie möglich Menschen impfen lassen. Laut der Wissenschaftler müssen sich rund 60 Prozent der Bevölkerung impfen lassen, um eine Herdenimmunisierung zu erreichen. Wir Ärzte und Ärztinnen sollten mit gutem Beispiel voran gehen. Die STIKO empfiehlt, dass Personal in medizinischen Einrichtungen mit engem Kontakt zu vulnerablen Patientengruppen, insbesondere in der onkologischen Versorgung und der Transplantationsmedizin mit höchster Priorität zu impfen ist.
Priorisierung berücksichtigt die Patient*innen-Kontakte nicht
Urologen und Urologinnen in Deutschland behandeln eine hohe Anzahl an onkologischen Patienten. Ebenso versorgen wir nierentransplantierte Patienten. Je nach Schwerpunkten des individuellen urologischen Behandlungsspektrums in der jeweiligen urologischen Klinik oder Praxis können ärztliche als auch nicht-ärztliche Mitarbeiter damit in die Gruppe mit höchster Priorität fallen. Neben onkologischen oder transplantierten Patienten sehen wir aber auch viele hochbetagte Patienten, oft in Pflegeheimen. Diesen Umstand berücksichtigt die Priorisierung zurzeit jedoch nicht. Ob man sich und seine Mitarbeitenden zur Impfung anmeldet, muss daher in Klinik und Praxis unbedingt individuell überprüft werden. Unterstützung bei dieser Entscheidung sowie für die tägliche Arbeit soll die Handreichung „Informationsmaterialien und Empfehlungen zur COVID-19-Schutzimpfung für den urologischen Alltag in Klinik und Praxis“ (Bitte verlinken) geben, die Anfang Januar vom Berufsverband in Zusammenarbeit mit der wissenschaftlichen Fachgesellschaft herausgegeben wurde.
Die Arbeit der MFA erfährt keine Wertschätzung
Im Zusammenhang mit der Pandemie wurde jüngst die Diskussion um ein weiteres wichtiges Thema angefacht: die Wertschätzung und Bezahlung von Medizinischen Fachangestellten (MFA) in Praxen. Gerade sie stehen derzeit wie das Personal von Intensivstationen und Pflegeeinrichtungen an der vordersten Versorgungsfront und leisten eine harte und immer noch unterbezahlte Arbeit. Praxen können ihre MFA häufig nicht leistungsgerecht bezahlen, da sich in den letzten Jahren Personalkostensteigerungen im ambulanten Bereich, anders als in Krankenhäusern, nicht in einer Steigerung des Orientierungswertes niedergeschlagen haben. Dieser Wert bestimmt den Spielraum für die Entwicklung der Gehälter. Er steigt seit Jahren für Krankenhäuser stärker als für Vertragsarztpraxen. Aufgabe der Politik ist es daher, auf höhere Orientierungswerte und Abschaffung von Budgets hinzuwirken. Der ambulante Sektor muss insgesamt gestärkt werden: die Rahmenbedingungen in der Niederlassung müssen verbessert und die staatliche Reglementierung muss verringert werden. Nur so kann seine Leistungsfähigkeit erhalten bleiben. Der Tarifabschluss im Dezember kann nämlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass weiterhin ausgebildete Fachkräfte in Richtung der Kliniken abwandern.
Auch Praxisinhaber sind hier gefragt
Als Praxisinhaber sollte man sich aber auch die Frage stellen, wie man neben dem Tarifgehalt, die Attraktivität der MFA-Tätigkeit steigern kann. Größter Pluspunkt gegenüber Kliniken ist sicher die flexiblere Gestaltung der Arbeitszeit sowie die Tatsache, dass in der Regel keine Nacht- oder Wochenenddienste geleistet werden müssen. Außerdem ist in Praxen eine längere und engere Patientenbeziehung möglich, damit erhöht sich meist die Identifikation und Mitarbeiterbindung. Stellen Arbeitgeber tätigkeitsrelevante Fort- und Weiterbildungen (z.B. MFAWissen) (Bitte verlinken) und Übernahme eines eigenen Verantwortungsbereiches in Aussicht, ist für MFA ein Aufstieg in höhere Tätigkeitsgruppen möglich. Auch leistungsbezogene Zulagen oder eine Umsatzbeteiligung können in Praxen sinnvolle Instrumente sein, um Stellen für potenzielle Mitarbeitende interessanter zu machen.
MFA sind wichtiger Teil des ambulanten Schutzwalls in den Praxen. Achtzehn von neunzehn COVID-Patienten werden in den Praxen behandelt, der ambulante Sektor mit seinen Mitarbeitenden hält den Kliniken den Rücken frei, damit diese sich auf die Behandlung der steigenden Zahl an Schwererkrankten konzentrieren können. Diesen Schutzwall gilt es nachhaltig zu stärken, um die ambulante Versorgung auch in Zukunft aufrechterhalten zu können.
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Dr. Axel Schroeder
Präsident Berufsverband der Deutschen Urologie e. V.
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