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Verstoßen Ärztinnen und Ärzte, die im Homeoffice arbeiten, gegen geltendes Recht?

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Auch für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte wird Arbeiten am heimischen Schreibtisch für bestimmte Tätigkeiten, wie das Diktieren von Befunden, Prüfen von Laborwerten oder der Formulierung von Arztbriefen, mehr und mehr zu Normalität. Nur wenigen ist bekannt, dass sie damit streng genommen gegen geltendes Recht verstoßen.

Die aktuelle Rechtslage besagt eindeutig, dass ein Vertragsarzt alles, was er abrechnen kann, von einer genehmigten Praxisstätte aus erbringen muss. Genehmigte Praxisstätten sind Hauptpraxis, Zweigpraxis oder Nebenbetriebsstätte. Der Gesetzgeber begründet das mit zwei zentralen Argumenten. Zum einen sollen diese Räumlichkeiten eine bestimmte Qualität des ärztlichen Handelns sicherstellen – von der Hygiene über die apparative Ausstattung bis hin zum erforderlichen Personal. Zum anderen soll gewährleistet sein, dass Ärztinnen und Ärzte für ihre Patientinnen und Patienten persönlich erreichbar bleiben.

Bereits in der Vergangenheit gibt es in der Medizin patientennahe und patientenferne Fachgebiete, wie Pathologen und Labormediziner, die überwiegend ohne direkten Patientenkontakt arbeiten. Trotzdem darf er aus Sicht vieler Kassenärztlicher Vereinigungen nicht aus dem Homeoffice arbeiten.

Digitalisierung schafft Tatsachen, die in die aktuelle Rechtsprechung einfließen müssen

Die fortschreitende Digitalisierung schafft längst Möglichkeiten, die das Gesetz nicht kennt. In der Pathologie etwa werden Gewebeschnitte in Laborstraßen aufbereitet, digitalisiert und können von jedem beliebigen Ort aus befundet werden – ohne Qualitätsverlust. Auch für einen Arztbrief ist nicht relevant, ob er in der Praxis oder im Homeoffice geschrieben wurde. Für den Fachanwalt stellen die geltenden Gesetzesbestimmungen daher einen Anachronismus dar.

Nur in einem einzigen Fall dürfen Kassenärztinnen und –ärzte aus dem Homeoffice legal tätig werden: bei der Videosprechstunde. Doch auch hier gibt es hohe Hürden. Der Heimarbeitsplatz muss gemäß Bundesmantelvertrag bestimmte technische Standards erfüllen, er muss der zuständigen KV gemeldet und freigegeben werden. Wer offiziell aus dem Homeoffice arbeitet, muss demnach zertifizierte Videodienste nutzen und Patientendaten vor unbefugtem Zugriff schützen. Außerdem dürfen Vertragsärzte nicht ausschließlich aus dem Homeoffice arbeiten und müssen ihre Mindestsprechstundenzeiten in der Praxis erbringen. Das schreibt § 24 Abs. 8 Ärztezulassungsverordnung vor. „Ich kann also als Praxisinhaber in Ostfriesland keinen Arzt beschäftigen, der etwa in Hamburg lebt und ausschließlich für die vertragsärztliche Videosprechstunde eingesetzt wird“, macht Hölzel deutlich.

Bestimmte Tätigkeiten wären trotz Beschäftigungsverbot für Schwangere möglich

Auch bei besonderen Konstellationen, etwa, wenn eine angestellte Ärztin schwanger ist und wegen Infektionsgefahr ein Beschäftigungsverbot für die Praxis erhält, ist die aktuelle Gesetzeslage nicht zeitgemäß. Im Sinne der Patientenversorgung wäre es gut, wenn Ärztinnen mit einem Beschäftigungsverbot im Homeoffice weiterarbeiten dürften, etwa im Rahmen der Videosprechstunde oder beispielsweise der Auswertung von Laborwerten, Daten oder Verlaufskontrollen. Die Gesetzeslage sieht dafür keine Ausnahmen vor. Mit der Folge, dass junge Ärztinnen in der Praxis zwangsweise ausfallen.

Gesetzeslage wurde für privatärztlich arbeitende und in Klinken tätige Ärztinnen und Ärzten bereits geschaffen

Absurd wirkt die bestehende gesetzliche Lage im vertragsärztlichen Bereich, da sowohl im stationären Bereich als auch in der Privatmedizin längst andere Vorschriften gelten. Hier kann das Homeoffice als weiterer Praxisstandort definiert werden und Leistungen können dort erbracht werden. Auch Präsenzpflichten in der eigentlichen Praxis gibt es nicht. Im stationären Bereich ist Telemedizin längst selbstverständlich – etwa, wenn Pathologen während einer Operation digitale Schnittbilder beurteilen. Der jeweilige Standort spielt dabei keine Rolle.

BvDU-Position

Handeln des Gesetzgebers erforderlich

Der Berufsverband der Deutschen Urologie fordert den Gesetzgeber dringend auf, die Gesetzeslage der medizinischen Realität anzupassen. Auch die Kassenärztlichen Vereinigungen sind in der Pflicht. Sie sollten bisher bereits existierende gesetzesgemäße Ermessensspielräume nutzen.

Quelle: Ärztenachrichtendienst (änd)