Zur Bewältigung der Corona-Krise plant die Bundesregierung ein weiteres Gesetzespaket im Gesundheitsbereich. Dabei geht es unter anderem um eine massive Ausweitung von Tests und um zusätzliche Meldepflichten bei Verdachts- und Krankheitsfällen. Der Entwurf soll in der kommenden Woche im Bundeskabinett beraten werden.
Der Entwurf für ein „Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ sieht eine Fülle von Maßnahmen vor, die sowohl die ambulante als auch die stationäre und pflegerische Versorgung betreffen. Zudem soll die Arbeit des öffentlichen Gesundheitsdienstes gestärkt werden.
Testkapazität soll erheblich gesteigert werden
In einer heute vorgelegten Stellungnahme begrüßt die KBV grundsätzlich die geplanten Vorhaben zur Bekämpfung des Coronavirus, sieht aber in einigen Punkten Änderungsbedarf.
Ein Punkt ist die geplante Ausweitung der Test-Kapazitäten, die die KBV unterstützt. Die medizinische Einschätzung zur Notwendigkeit eines Testes müsse aber Voraussetzung jeder Maßnahme im Kampf gegen die Pandemie sein, heißt es in der Stellungnahme.
Unklar sei zudem, ob die vom Bundesgesundheitsministerium erhofften Effekte eintreten könnten. Denn das eigentliche Problem sei, dass gegebenenfalls nicht ausreichend Materialien für die Testung zur Verfügung stünden.
Die Bundesregierung will mit dem Gesetz die Kapazitäten für den PCR-Test massiv hochfahren. Die gesetzlichen Krankenkassen sollen künftig auch die Kosten für Tests bei Personen übernehmen, die keine Symptome zeigen. Darüber soll auch eine zeitnahe Testung von Kontaktpersonen oder medizinischem Personal sichergestellt werden.
Tierärzte sollen testen dürfen
Zur Ausweitung der Testkapazitäten sollen Tierärzte herangezogen werden. Ihnen soll es künftig gestattet sein, labordiagnostische Untersuchungen zum Nachweis von Erregern für bedrohliche übertragbare Krankheiten durchzuführen.
Aus Sicht der KBV bedarf der Gesetzestext einer Klarstellung, dass hiermit nur eine Öffnung für besonders qualifizierte Tierärzte gemeint ist und diese nur als Unterauftragnehmer von humanmedizinischen Laboren tätig werden dürfen. Die Öffnung sollte darüber hinaus auf den Erreger beschränkt sein, der die epidemische Lage von nationaler Tragweite verursacht.
Auch genesene Fälle sollen gemeldet werden
Der Gesetzgeber will außerdem die Meldepflicht erweitern. Es ist geplant, dass Labore und Ärzte den Gesundheitsämtern künftig auch alle negativen Laborbefunde von Tests und wieder genesene Fälle mitteilen. Durch diese Meldung könne der öffentliche Gesundheitsdienst künftig in die Lage versetzt werden, den Verlauf der COVID-19-Pandemie in Deutschland besser einzuschätzen, heißt es in der Gesetzesvorlage.
Hier muss aus Sicht der KBV klar definiert sein, was „genesen“ heißt. Zudem weist die KBV in ihrer Stellungnahme darauf hin, dass sich Patienten nach einer Genesung nicht immer beim Arzt meldeten.
Immunstatus erheben
Darüber hinaus ist in den Gesetzentwurf vorgesehen, dass analog zum Impfen der Immunstatus einer Person in Bezug auf eine bestimmte übertragbare Krankheit dokumentiert werden soll. Die Dokumentation soll eine mögliche Grundlage dafür sein, eine entsprechende Immunität nachzuweisen. Dies sieht die KBV in Bezug auf COVID-19 kritisch, da zum Aufbau einer Immunität nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 zum jetzigen Zeitpunkt keine verlässliche Aussage getroffen werden kann.
KBV lehnt Regelung zum Grippeimpfstoff ab
Vorkehrungen will der Gesetzgeber auch bezüglich der Influenzasaison 2020/2021 treffen, die bei Fortsetzung der COVID-19-Pandemie zu einer zusätzlichen Belastung des Gesundheitssystems führen könnte.
Damit Praxen ausreichend Grippeimpfstoffe bestellen, soll die erst im letzten Jahr mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) eingeführte Regelung zur Wirtschaftlichkeit angepasst werden. Dazu heißt es im Gesetzentwurf: „Bei Verordnungen saisonaler Grippeimpfstoffe in der Impfsaison 2020/2021 gilt eine Überschreitung der Menge von bis zu 30 Prozent gegenüber den tatsächlich erbrachten Impfungen grundsätzlich nicht als unwirtschaftlich.“
Die KBV sieht – trotz dieser Nachbesserung für die Grippesaison 2020/2021 – eine Verschärfung des Regressrisikos für die Vertragsärzte und fordert weiterhin die Streichung dieser mit dem TSVG eingeführten Regelung. „Was als ´Sicherheitszuschlag´ gedacht sein könnte, kann im Umkehrschluss zum ´Aufgreifkriterium´ in Wirtschaftlichkeitsprüfungen werden“, betont sie in ihrer Stellungnahme.
Rolle des öffentlichen Gesundheitsdienstes
Der öffentliche Gesundheitsdienst soll mit dem Gesetz gestärkt werden. So ist vorgesehen, dass die Betreuung von Patienten mit übertragbaren Erkrankungen durch Mitarbeiter der Gesundheitsämter im Einzelfall die ambulante Behandlung umfassen soll. Dazu könnten sie „Dritte beauftragen“.
Die KBV hält Kooperationen für wesentlicher sinnvoller als Auftragserteilungen. Diese könnten insbesondere mit den KVen geschlossen werden. Dafür gebe es bereits jetzt mehrere Bespiele, die zeigten, dass das funktioniert.
Privatversicherte können den Tarif einfacher wechseln
Eine weitere Maßnahme betrifft Selbstständige und Kleinunternehmer, die aufgrund der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten und deshalb von der privaten Krankenversicherung in einen günstigeren Basistarif ihrer Krankenkasse wechseln müssen. Betroffene sollen ohne erneute Gesundheitsprüfung in den ursprünglichen Tarif zurückkehren können, wenn es ihnen finanziell wieder bessergeht.
Quelle: KBV