Der BvDU begrüßt grundsätzlich die Einführung der Elektronischen Patientenakte (ePA). Alle medizinischen Informationen zu einer Patientin oder einem Patienten an einem Ort digital verfügbar haben zu können, könnte die Informationsbeschaffung für die versorgenden Ärztinnen und Ärzte erleichtern. Patientinnen und Patienten können so ggf. schneller Informationen erteilen. Die von der Politik eingebrachte Digitalisierung von Patientendokumenten und Abrechnungsdaten sind jedoch weder für Kollegen noch Patienten relevant.
Die ePA birgt aus Sicht des BvDU noch erhebliche Fallstricke:
- Durch die Widerspruchsmöglichkeit besteht für die versorgende Ärzteschaft keine Gewissheit, ob oder dass in der digitalen Akte tatsächlich alle aktuellen und/oder alle Vorerkrankungen abgebildet sind. Zudem ist der Handling-Aufwand für die Praxen noch in keiner Weise einschätzbar.
- Die Zeit, die für das Befüllen der ePA erforderlich wird, muss Kliniken und Praxen entsprechend vergütet werden. Dazu kommt, dass die Zeit, die bereits jetzt für bürokratischen Aufwand aufgebracht werden muss, für die Behandlung von Patientinnen und Patienten fehlt.
- Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, die ePA mit den Abrechnungsdaten ihrer Versicherten zu befüllen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass gesetzlich Versicherte diese Informationen zur Verfügung gestellt bekommen – ohne jegliche Kenntnis darüber, wie Abrechnung bei gesetzlich Versicherten vonstattengeht oder was in den Abrechnungsdaten enthalten ist. Hinzu kommt, dass bei gesetzlich Versicherten nicht der Patient oder die Patientin Vertragspartner für die Abrechnung des Arztes ist, sondern die Gesetzlichen Krankenkassen, dass demzufolge eine Auskunftspflicht nur durch die Krankenkasse erfolgen kann. Den Versicherten muss hier deutlich gemacht werden, dass die Abrechnungsdaten nicht dem Geldwert entsprechen, den die Ärztin oder der Arzt tatsächlich erstattet bekommen aufgrund der komplizierten Abrechnungsvergütung.
- Durch das Befüllen der ePA mit Abrechnungsdaten liegen grundsätzlich Patienten-Rohdaten vor, die zudem individualisiert sind. Bislang waren diese Daten innerhalb der ärztlichen Selbstverwaltung in den Krankenkassen gelagert. Nicht auszudenken, was ist, wenn diese individuellen, personalisierten Daten in unbefugte Hände gelangen oder mit dem Deckmantel „wissenschaftliche Forschung“ von Beteiligten ungefragt benutzt werden könnten.
Vor Start der ePA müssen diese BvDU-Forderungen umgesetzt sein:
- Die Umsetzung muss für alle Beteiligten rechtssicher sein. Ärztinnen und Ärzte müssen Gewissheit haben, dass sie rechtssicher behandeln für den Fall, dass keine Daten vorhanden sind oder nur ein Teil der Daten in der ePA befüllt sind.
- Die erforderliche Zeit für das Befüllen der ePA muss Kliniken und Praxen entsprechend (extrabudgetär) vergütet werden.
- Klar geregelt muss sein, dass Fragen in Bezug auf Abrechnungsfragen ausschließlich zwischen Patientin/Patient und jeweiliger Krankenkasse zu klären sind.
- Die obersten Datenschützer müssen Stellung nehmen in Bezug auf die Frage des Datenschutzes für Abrechnungsdaten und hierfür dringlich Rechtssicherheit zu schaffen.
Der Berufsverband empfiehlt seinen Mitgliedern, den Urologinnen und Urologen:
– sich frühzeitig mit der ePA auseinanderzusetzen und die notwendigen Informationen und Updates bei ihren jeweiligen Herstellern einzufordern.
– bis zur Klärung der offenen Fragen ihren Patientinnen und Patienten von der Nutzung der ePA abzuraten.