Jede fünfte aller onkologischen Neuerkrankungen wird als urologischer Tumor lokalisiert. Und Prostatakrebs ist gegenwärtig der am häufigsten diagnostizierte bösartige Tumor beim Mann. Somit ist die urologische Ärzteschaft im Bereich der Onkologie sehr gefordert. Da Krebs eine „Alterskrankheit“ ist und der Anteil alter Menschen in der Bevölkerung wächst, wird es künftig auch immer mehr Krebserkrankungen in der Urologie zu behandeln geben. Dabei möchten wir natürlich unseren Patienten die bestmöglichen Therapien zugute kommen lassen.
Haupstadturologie-Netzwerk verzahnt Spitzenmedizin und regionale Versorgung
Das jüngst gestartete Hauptstadturologie-Netzwerk verfolgt genau diesen Ansatz – es verzahnt die Spitzenmedizin der Charité mit der regionalen Versorgung von uro-onkologischen Patienten. Die daran beteiligten Ärzte laden ihre Patienten mit metastasiertem Prostata-Ca ein, am Netzwerk teilzunehmen und händigen ihnen einen Teilnahme-Code aus, mit dem sie in eine Studie eingeschrieben werden und der zugleich zur Anonymisierung dient. In einem elektronischen Tagebuch kann der Krankheitsverlauf aufgezeichnet werden und problematische Entwicklungen frühzeitig erkannt werden. Die Daten werden kontinuierlich von einem Team des urologischen Tumorzentrums der Charité sowie durch künstliche Intelligenz analysiert und mit neuesten Therapiemöglichkeiten abgeglichen. Erkenntnisse aus diesen gewonnenen Daten können dann als Feedback an die niedergelassenen Urologen zurückgespiegelt werden, um eine individuelle Therapieempfehlung für den Patienten zu erstellen. Das macht den medizinischen Fortschritt flächendeckend verfügbar und damit kommen die milliardenschweren Investitionen in Forschung und Entwicklung auch tatsächlich beim Patienten an. Darüber hinaus leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Zusammenarbeit zwischen Klinikern und ambulant tätigen Ärzten und trägt somit ein Stück zur Überwindung der Sektorengrenzen bei.
Versorgungsforschung muss verbessert werden
Die Daten aus dem Hauptstadturologie-Netzwerk können auch mit dem Krebsregister abgeglichen werden und somit in die Versorgungsforschung einfließen. Doch wie hilfreich sind aktuell die Daten aus den Krebsregistern für die Versorgungsforschung in Deutschland? Alle Facharztgruppen, die Patienten mit onkologischen Erkrankungen betreuen, sind seit April 2013 dazu gesetzlich verpflichtet diese in ihren jeweiligen Landeskrebsregistern zu erfassen. Allerdings sind die auf Landesgesetzen basierenden Register unterschiedlich organisiert und strukturiert, das Ausmaß der Datenerhebung ist nicht identisch, die verwendete Software zur Dokumentation nicht interoperabel. Aufgrund ihrer Heterogenität, Unvollständigkeit und Qualitätsmängel sind sie nur bedingt zur Beurteilung des Versorgungsniveaus in Deutschland geeignet.
Deshalb engagieren wir uns auch gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Fachärztliche Versorgungsforschung in dem Projekt UROgister/UROscience. Damit wollen wir künftig die Krebsregistermeldung vereinfachen und eine umfassende digitale Forschungsdatenbank etablieren, die die gesamte urologische Versorgungsforschung verbessern soll. Die Sammlung anonymer Versorgungsdaten bildet die Basis für eine Versorgungsforschung in bislang nicht gekanntem Umfang. Dazu trägt vor allem bei, dass die teilnehmenden Ärzte keinen Aufwand bei der Datenlieferung haben. Die Auslesung, Anonymisierung und der Versand erfolgen automatisch, in ständiger Kontrolle des Arztes. So kann die digitale Medizin der Präzisionsmedizin und auch der personalisierten Medizin aus den Kinderschuhen helfen – und damit zu einer besseren Versorgung unserer Patienten führen.
Ihr
Dr. Axel Schroeder
Präsident Berufsverband der Deutschen Urologie e.V.