Bei Patienten mit Tumoren der ableitenden Harnwege sollte unbedingt daran gedacht werden, dass diese Tumoren nicht selten berufsbedingt sind und bereits der Verdacht meldepflichtig ist. Die Berufsanamnese nicht zu erheben und den Verdacht einer Berufskrankheit als Ursache nicht zu melden, könnte zivilrechtliche Konsequenzen (etwa Schadenersatzforderungen) haben.
Maligne Tumoren der ableitenden Harnwege sind laut dem Urologen häufig. Am häufigsten befallen ist bei beiden Geschlechtern mit knapp 90 Prozent der Fälle die Harnblase (Männer: 91,2%, Frauen: 85,8 %). Zu den wesentlichen Risiken für berufsbedingte urotheliale Veränderungen und Tumoren die Exposition gegenüber aromatischen Aminen und polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen. Als weitere Risiken kämen Arsen, ionisierende Strahlung und Infektionen wie Bilharziose in Betracht.
Die Ursachen für ein restriktives Meldeverhalten bei Verdacht auf berufsbedingte Tumoren der ableitenden Harnwege liegen insbesondere in der ambulanten Versorgung im hohem Zeitdruck bei restriktiver Honorierungspolitik. Der administrative Aufwand ist trotz systematischer Befragung mittels Fragebogen hoch. Honoriert werde aber nur, wenn ein begründeter Verdachtsfall gemeldet werde. Zudem befinde sich ein Patient nach Diagnose einer malignen Erkrankung mit bevorstehender invasiver Behandlung in einer Phase hoher seelischer Anspannung. Daher bestehe eine eher geringe Motivation des Betroffenen, seine vollständige berufliche Biografie umfassend zur reflektieren.
Die Verdachtsmeldung ist jedoch für die Betroffenen von enormer Bedeutung. Denn die Anerkennung einer urothelialen Tumorerkrankung als Berufskrankheit hat mehrere medizinische und finanzielle Vorteile zur Folge. So steht den Betroffenen je nach Tumorstadium und Therapie sowie konsekutiven Tumor und/ oder Therapiefolgeerkrankungen eine Entschädigung in Form einer Rentenzahlung in Abhängigkeit von der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu. Außerdem würden gegebenenfalls Entschädigungen für einen erhöhten Kleider- und Wäschemehrverschleiß geleistet. Unter Berücksichtigung der Verjährungsbestimmungen würden diese Entschädigungen auch rückwirkend geleistet. Darüber hinaus trage der Unfallversicherungsträger die mit der Erkrankung und ihren Folgen verbundenen Behandlungskosten. Die Vergütung erfolgt, analog zu der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), nach der GOÄ der Unfallversicherungsträger (UVGOÄ) extrabudgetär.
Quelle: Ärztenachrichtendienst (änd)